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Erstellt von T. Gentsch | News

URETHANE | Steve Caballero Interview


Skateboard-Sammlertreffen und Konzert im Skaters Palace

Fotos & Interview: T. Gentsch

Zu Steve Caballero muss man wohl nicht sonderlich viele einleitende Worte verlieren. Professioneller Skateboarder seit 1980, ständiges Mitglied einer Band seit 1981, einer der ersten Skateboarder mit einem Pro-Schuh, langjähriges Mitglied der Bones Brigade, mehrmaliger Gewinner des Monster Masterships – die Liste der „life-time achievments“ könnte man nahezu endlos weiterschreiben. Zu Münster hatte Stevie immer eine ganz spezielle Bindung, gehörte er doch zu den ersten US-Pro´s die 1987 den Weg in die beschauliche Westfalen-Metropole fanden. Damals gewann er sowohl den Street- als auch den Vert-Contest und fand so eine gewisse Liebe zu Münster und Titus. 36 Jahre später war Steve nun wieder am Start, auch mit Skateboard in der Tasche, aber primär, um mit seiner neu geformten Band „URETHANE“ ein kleines Konzert im Skaters-Palace zu spielen. Davor besuchte er noch das alljährliche Skateboard-Sammlertreffen, schrieb geduldig Autogramme und gab uns ein kleines Interview. Auch mit 58 Jahren ein wahrer Pro eben!

Hey Steve, zunächst einmal, ziehst du Steve, Stevie oder Cab vor?

Oh, das ist mir egal, was auch immer dir passt.

Alles klar! Stevie, ich habe gelesen, dass die Band URETHANE während der Pandemie 2021 gegründet wurde, richtig? Also zunächst einmal habe ich mich gefragt, wie es dazu gekommen ist, denn normalerweise würde man denken, dass diese Zeiten eher Zeiten sind, in denen jeder für sich bleibt.

Nun, ich war seit 1982 in einer Band, The Faction. Die Band war vor allem in den Achtzigern ziemlich berühmt, in all den Jahren habe ich aber auch stets in anderen Bands mitgespielt. Trotzdem sind wir irgendwie immer zusammengeblieben und haben uns mit The Faction immer wieder neu formiert. Wir haben sogar 2000 hier in Deutschland gespielt. Über die Jahre kam ich jedoch zu dem Schluss, dass es vielleicht langsam an der Zeit wäre, mit The Faction aufzuhören.

Ich hatte das Gefühl, dass ich mich als Musiker weiterentwickeln wollte, und das konnte mit The Faction nicht wirklich funktionieren; jeder wollte immer die alten Songs hören. Wir fühlten uns also nicht wirklich in der Lage, neue Songs zu kreieren, und so beschlossen wir, einen Schlusstrich zu ziehen - nach 40 Jahren! Nachdem ich vor ein paar Jahren nach San Diego gezogen bin, habe mit ein paar Freunden eine Band gegründet, und mit den Jungs ein Jahr lang in einer Garage gejammed. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir allerdings noch nicht einmal einen Namen für die Band. Also habe ich einen Aufruf auf Instagram gestartet, um einen Sänger zu finden, und da habe ich Tim getroffen, der eben heute unser Sänger ist. Er meldete sich, schickte mir sein Demotape und es gefiel mir sehr gut. Der Rest der Leute, mit denen ich damals gespielt habe, mochte es aber nicht wirklich, also habe ich beschlossen, die Band zu verlassen und wollte mit Tim, dem Sänger, etwas ganz Neues starten. Das war vor 3 Jahren, als ich mit Tim eine Band gründen wollte und wir den Namen URETHANE auswählten. Er fand einen Schlagzeuger und wir spielten etwa 4 Monate lang als Dreiergruppe. Ich spielte Bass, er sang und spielte Gitarre und wir hatten Dylan als Schlagzeuger. Nach 4 Monaten beschloss ich, doch lieber Gitarre zu spielen, damit die Band harmonischer klingt, und dann kam Chad als neuer Bassist ins Spiel. Das ist die Entstehungsgeschichte von URETHANE.

Während diesem gesamten Prozess kam die Pandemie ins Spiel und es gab wirklich nicht viel zu tun. Allerdings haben wir beschlossen, trotzdem die ganze Zeit zusammen zu spielen. Dylan war anfangs etwas ängstlich, was lustig war, denn bis die Pandemie vorbei war, hatte ich Dylan noch nie ohne Maske gesehen, also noch nie sein gesamtes Gesicht (in Person). Wir spielten also in einem Proberaum, schrieben ein paar Songs und bekamen durch unseren Bassisten Chad einen Plattenvertrag. Ein Jahr später beschlossen wir, unser erstes Album aufzunehmen. Sobald die Pandemie vorbei war und die Leute wieder auf Reisen gingen, hatten wir bereits ein Album und waren bereit Konzerte zu spielen. Wir waren also im Studio beschäftigt, während andere Leute nichts taten... Ich meine, ich war obendrein auch immer noch draußen am Skaten, fuhr Moto-X, Mountainbike... Ich habe einfach mein Leben weitergelebt und nicht zugelassen, dass die Pandemie meinen Alltag zu sehr beeinflusst. Den Nachrichten habe ich keine große Aufmerksamkeit mehr geschenkt, vor allem weil ich das Gefühl hatte, dass sie viel Angst unter den Menschen verbreiten. Ich habe das Ganze ein wenig ausgeblendet.

Skateboard Sammler-Treffen 2023

Erst als wir letztes Jahr beim "Punk Rock Bowling", einem Festival in Las Vegas, auftraten, mussten wir einen (Covid-)Test machen, um auf das Festival zu kommen, so wie jeder dort. Ich war negativ, aber als ich das Festival verließ, hatte ich Covid (von dem Festival), hahaha. Aber seitdem bin ich gesund und wir sind viel getourt, haben versucht, die Band aufzubauen und sind jetzt sogar schon unser zweites Mal hier in Deutschland.

Ich habe mich gefragt, wie der Bandname zustande gekommen ist? Ich meine, offensichtlich sind Skateboard-Rollen aus Urethan, aber wie seid ihr auf den Namen für die Band gekommen?

Nun, ja, wie du schon sagtest, kommt er vom Skateboarding. 1974 wurde die Urethan-Skateboard-Rolle erfunden und es hat das Skateboarding auf eine sehr wichtige Weise verändert. Also dachte ich, dass das ein cooler Name ist, der mich und mein Skateboarding mit der Band verbindet, und so haben wir uns für diesen Namen entschieden.

Er macht euch auf jeden Fall sehr smooth, haha...

...ja, keine Flatspots, haha.

Ich möchte nochmal ein bisschen in der Zeit zurückgehen und habe mich gefragt, ob du zur gleichen Zeit mit der Musik angefangen hast, als du mit dem Skateboarden angefangen hast?

Nun, ich habe 1976 mit dem Skaten angefangen, wurde 79 gesponsert, wurde 1980 Pro und nahm 1981 zum ersten Mal einen Bass in die Hand. Ich habe zuerst angefangen, Bass zu spielen, obwohl ich eigentlich Gitarre spielen wollte, aber ich dachte damals, das wäre zu schwierig. Erst ein paar Jahre später habe ich mich daran gewagt. Ich habe mir das Gitarrespielen in meinem Kinderzimmer selbst beigebracht, haha.

Ich habe mich gefragt, wenn ich zum Beispiel an Claus Grabke denke, der einige seiner Songs in alten Santa Cruz Videos hatte, hattest du jemals einen oder mehrere Songs in einem der frühen Powell-Videos?

Ähhm, ich glaube, wir hatten einen The Faction Song im ersten Video, der Bones Brigade Video Show, wir hatten Skate and Destroy und Jahre später, glaube ich, hatten wir einen Odd Man Out-Song in einem der späteren Videos. Und auch ein paar Solosachen, die ich gemacht habe, instrumental. Und ich glaube, in dem Powell-Video "Chaos" gibt es im Abspann ein paar Live-Aufnahmen von mir, wie ich mit einer Band namens Shovelhead spiele.

Wie ist das eigentlich, wenn du auf (Musik) Tour bist, gehst du dann auch Skaten oder ist das ein "No-Go"? Ich meine, du könntest dich ja auch verletzen und dann vielleicht nicht mehr Gitarre spielen...

Nun, ich habe in der Tat mein Board dabei. Es ist zwar immer ein bisschen in meinem Hinterkopf, aber die meiste Zeit lasse ich mich von solchen Gedanken nicht (vom Skaten) abhalten. Ich meine, kurz bevor ich auf diese Tour hier gegangen bin, bin ich Dirt-Bike gefahren. Ich bin über 70 Fuß hohe Table-Tops gesprungen und solche Sachen, habe die anderen Bandmitglieder am Rande schwitzen sehen, hahaha. Die haben dann natürlich Kommentare wie "wir haben in einer Woche eine Tour, Stevie" rausgehauen, hahaha. Aber, weißt du, ich bin schon vorsichtig, weil ich es (die Tour) der Band ganz sicher nicht verderben will.

Da wir gerade davon sprechen: Du hast dir vor nicht allzu langer Zeit beim Moto-X einen schweren Oberschenkelbruch zugezogen, richtig?

Ja, wobei das mittlerweile auch schon drei Jahre her ist. Das war, bevor wir die Band gegründet haben.

Das war ein ziemlich krasser Unfall, nicht wahr?

Ja, das war wahrscheinlich der krasseste Unfall, den ich je hatte. Ich bin vorher noch nie operiert worden, nicht einmal aufgrund eines Slams vom Skaten!

Was!?

Nein, das war meine erste Operation. Ich hatte nur diesen einen gebrochenen Oberschenkelknochen in meiner ganzen Karriere. Aber nach dem Oberschenkelbruch habe ich mir wiederum den Knöchel gebrochen, auch beim Moto-X!

Offensichtlich ist Moto-X also viel gefährlicher als Skateboarding, oder?

Ja, es ist sehr gefährlich. Aber weißt du, ich höre die Leute sagen: "Du solltest keine Dirtbikes fahren, du hast dir dies und das gebrochen", aber andererseits haben sich vor kurzem sowohl Tony (Hawk) als auch Kevin (Staab) ihre Oberschenkelknochen auf der gleichen Rampe gebrochen, auf der ich auch die ganze Zeit mit ihnen skate. Es könnte mir also auch dort passieren. Ich denke, es liegt nicht so sehr an dem Sport, den man betreibt. Wir sind Menschen, also machen wir Fehler und manchmal gehen wir Risiken ein, die wir nicht eingehen sollten und zahlen dann eben den Preis dafür. Aber mir geht es darum, das Leben in vollen Zügen zu genießen und keine Angst davor zu haben, was alles passieren könnte. Ich will eben so leben, wie ich leben will. Es geht nicht um die Anzahl der Jahre deines Lebens, sondern darum wie du das eine Leben das du hast lebst!

Wie sehr unterscheidet sich eine Skateboard-Tour, und ich spreche von Bones-Brigade-Zeiten in den Achtzigern, von einer Tour mit einer Band? Ist es für dich das Gleiche?

Ich denke, es sind manchmal die gleichen Fans, weißt du. Natürlich hört jeder, der auf Skateboarding steht, auch Musik. Manche mögen Hip-Hop, manche mögen Rock, Punk-Rock, es sind die gleichen Fans. Wenn ich an einem Ort auftauche, um Musik zu spielen, gibt es Dutzende von Skateboards zum Unterschreiben. Aber wir gewinnen auch neue Fans. Ich habe meine Skateboard-Fans und stelle ihnen die Band Urethane vor. Und dann bringe ich meine Kunst mit und bekomme Fans von Leuten, die vorher nur meine Kunst verfolgt haben. Es ist also eine Win-Win-Situation. Und ich mag es einfach, in so vielen Bereichen kreativ zu sein, ob es nun Skaten, Musik oder Kunst ist.

Ok, "Street-Cab", das ist ein Begriff, es gibt keinen "Street-Tony" oder "Street-McGill", ich muss das erwähnen, weil ich mich ein bisschen in Richtung Skateboarding bewegen will.Als das Vert-Skaten in den frühen Neunzigern ausstarb, warst du so ziemlich der einzige, der nicht nur bei Powell blieb, sondern sich auch dem "neuen großen Ding im Skateboarding" anschloss - dem Streetskaten.Ich habe mich gefragt, ob das für dich ganz natürlich war?

Haha, nein, es hat eine Menge Arbeit gekostet! Ich wollte aber einfach im Skateboarding bleiben, und Vert-Skating fühlte sich damals an, als würde es einfach aus der Szene gepushed werden. Also habe ich mich gefügt und bin diesem Trend (Streetskating) gefolgt. Man kann mich also als eine "trendy person" bezeichen - denn ich bin den Trends im Skateboarding gefolgt. Ich habe also meinen Helm und die Knieschoner weggelegt, mir ein Popsicle-Deck besorgt und gelernt, wie ich mein Board flippe. Damit einhergehend habe ich auch gelernt, wie man Handrails fährt. Ich hatte immer Rails an meinem Board und Boardslides waren schon immer eine Leidenschaft. Grinden und Boardsliden, das waren auch meine Lieblingstricks auf der Vert- oder der Miniramp, warum also nicht auf die Straße übertragen? Ich habe neue Freunde gefunden, mit anderen Leuten abgehangen und gelernt, wie man Ledges, Rails und Flatground skatet. Ich habe einfach versucht, mitzuhalten, Fotos zu schießen und Videos zu filmen. Aber es war die Industrie, die "Street-Cab" geschaffen hat. Die Leute sprachen später im Internet über mich und benutzten den Hashtag #streetcab, und ich benutzte ihn selbst, wenn ich von mir sprach, was ziemlich lustig war. Quasi in der dritten Person. So in der Art wie "Street-Cab ist wieder da!", hahaha. Zum Beispiel, wenn ich alte Footy hochgeladen hab oder auch neue (Street-) Sachen. Das Internet ist lustig, man kann im Grunde alles berühmt machen. Jeden Begriff. Man muss ihn nur ständig wiederholen, immer und immer wieder. So wie der "Cab-Salad", das ist auch so ein Begriff.

Was ist der "Cab-Salad"?

Der "Cab-Salad" ist entstanden, als ich versucht habe, abzunehmen. Ich habe die ganze Zeit Salate gemacht und ständig Fotos davon gepostet. Dieser Hashtag wurde tatsächlich sehr berühmt. Ich habe auch eine "Neuinterpretation" mit einer alten Grafik von mir gezeichnet, auf der der Drache einen Salat hält, haha.

Haha, das ist echt amüsant. Aber um auf "Street-Cab" zurückzukommen, muss ich noch einmal betonen, dass ich immer wieder erstaunt war und bin, was für gnarly Rails du geskatet bist, wie technisch du geskatet bist, obwohl du keine 20 mehr warst.

Nein, ich war eher so 35, haha. Aber ja, der Grund, warum ich bei Powell geblieben bin und mich auf mein Skaten konzentrieren konnte, war auch, dass ich für Vans geskatet bin und die großartige Gelegenheit hatte, mit ihnen zusammenzuarbeiten und 1989 meinen ersten Signature-Schuh zu bekommen. Als dann die Streetskater von damals (1989)  bis 1992 den Schuh oben abschnitten, schufen sie im Grunde den Half-Cab. Weil ich also diesen Schuh-Deal hatte, bin ich bei Powell geblieben und weiß nicht, ob ich das ohne den Schuh-Deal auch getan hätte. Auf diese Weise habe ich immer noch Geld mit dem Skateboarden verdient. Ich meine, ich bin drei Jahre lang für Powell gefahren, ohne überhaupt ein Pro-Model zu haben! Ich glaube, es wurde 1993 vom Markt genommen und es war so ungefähr 1997, als wieder eins auf den Markt kam.

Wow, sehr interessant! Danke für diese teifen Einblicke Stevie! Zu guter Letzt, was fällt dir ein, wenn du an die Stadt Münster denkst?

Nun, natürlich an die Monster Masterships, auf denen wir in den Achtzigern immer waren. 1987 war das erste Jahr, in dem ich dort war, und danach sind wir jedes Jahr wiedergekommen. Es war echt immer unglaublich, weil die Stadt so klein war und neben all den amerikanischen Pros schien es, als ob jeder Skateboarder aus ganz Deutschland hierher kam und die Stadt quasi übernommen wurde. Einfach geballtes Skateboarding!

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